UAS7-Vorsitzender Prof. Dr. Andreas Zaby beim deutsch-britischen Forschungsdialog in London. Ein Interview zum Status quo.

Der UAS7-Vorsitzende und HWR Berlin-Präsident Prof. Dr. Andreas Zaby begleitete Bundesministerin Bettina Stark-Watzinger zum deutsch-britischen Forschungs- und Wissenschaftsdialog nach London.
In London hatte Stark-Watzinger am Dienstag gemeinsam mit ihrer britischen Kollegin Michelle Donelan den deutsch-britischen Forschungsdialog eröffnet, an dem auch verschiedene deutsche und britische Hochschulen sowie Wissenschaftsorganisationen teilnahmen. "Das Wettrennen um Zukunftstechnologien ist in vollem Gange", sagte Stark-Watzinger. Dazu seien enge Partnerschaften mit Wertepartnern wie Großbritannien immer wichtiger. Im Fokus stehe die Kooperation bei lebensverändernden Schlüsseltechnologien wie Künstlicher Intelligenz, Batterie, Fusionsenergie, Quanten- sowie Forschungssicherheit.
Prof. Dr. Andrea Zaby, der in seiner Eigenschaft als UAS7-Vorsitzender die deutschen Hochschulen für Angewandte Wissenschaften in London vertrat, berichtet in einem Interview mit Sylke Schumann (HWR Berlin) über den Status Quo:
Wie geht es den deutsch-britischen Beziehungen hinsichtlich des wissenschaftlichen Austausches aus Ihrer Sicht?
Der Brexit hat den deutsch-britischen Austausch ganz klar erschwert. Hürden bei den Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen haben ihren Teil dazu beigetragen, aber auch der Rückgang der Fördermöglichkeiten hat zu Einschränkungen bei den Austauschbeziehungen geführt.
Der deutsch-britische Wissenschaftsdialog hat den EU-Austritt Großbritanniens überdauert.
Ja, trotz der Hemmnisse. Umso wichtiger ist es, dass Mobilitätsförderung im Rahmen von ERASMUS+ weiterhin grundsätzlich möglich ist und dass auf der britischen Seite das Turing-Scheme eine Teilkompensation für den Wegfall der europäischen Förderung darstellt. Von zentraler Bedeutung hierfür war es, dass deutsche Hochschulen und ihre britischen Partner die ERASMUS-Agreements durch bilaterale Abkommen ersetzen konnten. Dem gingen viele aufwändige bilaterale Verhandlungen voraus und ich bin sehr froh, dass die UAS7-Hochschulen gute Ergebnisse erzielt haben. Beispielsweise konnte die HWR Berlin mit nur einer Ausnahme ihre Partnerschaften im Vereinigten Königreich ins neue System überführen.
Die Hochschulen führen bilateral Bewährtes fort, gibt es auch auf nationaler Ebene weiterhin Vereinbarungen?
Es ist sehr erfreulich, dass die EU und die britische Regierung eine Einigung zur Beteiligung an „Horizon Europe“ verhandeln konnten, dem größten europäischen Programm zur Forschungsförderung bis 2027. Alles andere wäre einer deutlichen Schwächung der Forschung in Europa gleichgekommen.
Weshalb ist der Austausch mit Großbritannien für den Wissenschaftsstandort Deutschland so wichtig?
Die britischen Universitäten sind forschungsstark und seit viele Jahren besonders enge Partner deutscher Wissenschaftseinrichtungen. Auch die UAS7-Mitgliedshochschulen partizipieren immer wieder sehr erfolgreich an Horizon-Projekten, unter anderem mit britischen Universitäten und außeruniversitären Forschungseinrichtungen. Daneben bestehen gemeinsame Forschungsvorhaben, die zum Beispiel von der Deutschen Forschungsgemeinschaft oder von der britischen Partnerorganisation UK Research and Innovation gefördert werden. Gerade in den für die Allianz der sieben deutschen Hochschulen für Angewandte Wissenschaften UAS7 so wichtigen Ingenieurwissenschaften, der Informatik und den Wirtschafts-, Rechts- und Gesellschaftswissenschaften gehören britische Universitäten zu den führenden Institutionen weltweit.
Was ist das Besondere an der deutsch-britischen Wissenschaftskoalition?
Es wäre ein Rückschritt für alle deutschen Hochschulen gewesen, wenn sie ohne die vertrauensvolle und langjährig etablierte Forschungszusammenarbeit mit den britischen Partnern hätten auskommen müssen. Es ist entscheidend, dass neben der Forschungsförderung auch weiterhin ein Austausch von Studierenden – insbesondere durch Auslandssemester – und Lehrenden stattfindet. Das ist die Basis für die Bildung langfristiger Beziehungen und von Forschungsnetzwerken.
Was können wir vom britischen Hochschulsystem lernen – und umgekehrt?
Der Austausch zwischen deutschen und britischen Hochschulen bringt für beide Seiten viele Anregungen: UK zieht erstklassige Studierende und Forschende aus der ganzen Welt an. Deutschland kann sich hier inspirieren lassen, um ähnlich erfolgreich zu werden, zum Beispiel bei der Rekrutierung von Professorinnen und Professoren aus dem Ausland. Britische Universitäten punkten in internationalen Rankings durch Flexibilität bei der Gestaltung von spezialisierten Studiengängen – auch eine Überlegung wert.
Was die Betreuungsrelation angeht, also die Zahl der Studierenden je Professor*in, sind wir an der HWR Berlin vergleichsweise schon gut aufgestellt. Auch der seminaristische Unterricht in Kleingruppen bei uns ermöglicht individuelle fachliche Betreuung nach britischem Vorbild. Hier gibt es in Deutschland jedoch große Länderunterschiede, und es hängt von der Hochschulform ab. Eine, wie ich finde, schöne Tradition setzt sich mittlerweile auch in Deutschland mehr und mehr durch, nämlich die angelsächsische Art Studienabschlüsse auf eine würdevolle Weise zu zelebrieren. Das stärkt das Zusammengehörigkeitsgefühl und die Bindung zur einstigen Alma Mater über den Abschluss hinaus.
Das Interview führte Sylke Schumann, Pressesprecherin der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin (HWR Berlin).