Wissenschaftsrat fordert Stärkung der Fachhochschulen
Gemeinsame Erklärung von UAS7 und Hochschulallianz für den Mittelstand zu den Empfehlungen für strukturelle Reformen bei der Personalgewinnung und -entwicklung
Der Wissenschaftsrat hat auf seiner am Freitag in Weimar zu Ende gegangenen Jahrestagung Empfehlungen zur Personalgewinnung und -entwicklung an Fachhochschulen verabschiedet. Das Sachverständigengremium spricht sich dafür aus, die Attraktivität der FH-Professur zu stärken und den traditionellen Zugangsweg durch neue Qualifizierungsmodelle zu ergänzen. Die Hochschulverbünde „Universities of Applied Sciences“ (UAS7) und die Hochschulallianz für den Mittelstand“ (HAfM) begrüßen in einer gemeinsamen Erklärung die Empfehlungen des Wissenschaftsrates und unterstützen die Vorschläge zur Stärkung der Hochschulen für angewandte Wissenschaften (HAW) und Fachhochschulen (FH) im deutschen Hochschulsystem. Die in den beiden Verbünden zusammengeschlossenen 17 deutschen Hochschulen mit rund 200.000 Studierenden engagieren sich seit vielen Jahren dafür, die Professur an einer HAW/FH als attraktiven Karriereweg zu fördern und im In- und Ausland bekanntzumachen, damit die Hochschulen ihre Kernaufgabe, die wissenschaftliche und praxisorientierte Fachkräfteausbildung, auf hohem Niveau erfüllen können.
Das heute in Berlin vorgestellte Gutachten des Wissenschaftsrates verdeutlicht, dass der traditionelle Karriereweg zur Professur an die Hochschulen für angewandte Wissenschaften bzw. Fachhochschulen noch immer nicht hinreichend bekannt ist – und das, obwohl über 40% der Professuren in Deutschland, FH-Professuren sind. Aktuell besteht an den Hochschulen ein akuter Mangel an Bewerberinnen und Bewerbern, die die erforderliche Zugangsvoraussetzung der wissenschaftlichen und der außerhochschulischen berufspraktischen Erfahrung erfüllen. Dies gilt vor allem in den Ingenieur- und Wirtschaftswissenschaften sowie in einigen neu akademisierten Berufsfeldern, wie den Pflegewissenschaften. Die Doppelqualifikation der Lehrenden ist jedoch ein essentielles Strukturmerkmal der Hochschulen für angewandte Wissenschaften, das nach Überzeugung der Hochschulverbünde nicht zur Disposition gestellt werden darf. Die jetzt vorgestellten Vorschläge des Wissenschaftsrates zur Einrichtung von Kooperationsplattformen mit der Praxis und mit Universitäten eröffnen aber Chancen, innovative strukturierte Zugangswege zur FH-Professur wie Professional-Tenure-Track-Modelle oder TandemProgramme und Shared-Professorships zu entwickeln und zu erproben.
„Dem universitär ausgebildeten wissenschaftlichen Nachwuchs fehlt schlicht die erforderliche Berufspraxis für eine HAW/FH-Professur“, erklärt Hans-Hennig von Grünberg, Vorstandsvorsitzender der Hochschulallianz für den Mittelstand und Präsident der Hochschule Niederrhein. „Die Hochschulallianz für den Mittelstand hält es deshalb für notwendig, dass ein strukturierter, transparenter und planbarer Karriereweg für promovierte Wissenschaftler auf dem Weg zur HAW Professur eingerichtet wird und schlägt dafür das Modell des „Professional Tenure Track“ vor. Bewerber könnten so in einem durch die Hochschule qualitätsgesicherten Tenure Track sich gleichermaßen auf die praxisorientierte Lehre wie auf die angewandte Forschung vorbereiten.“
Die Hochschulverbünde sprechen sich ebenso für die Etablierung von kooperativen Promotionskollegs aus, die es insbesondere berufspraktisch qualifizierten Personen ermöglichen, sich in anwendungsnahen Forschungsvorhaben wissenschaftlich zu qualifizieren.
Prof. Dr. Andreas Zaby, Vorstandsvorsitzender von UAS7 und Präsident der Hochschule für Wirtschaft und Recht (HWR) Berlin, ergänzt: „Um mehr qualifizierte Bewerbungen zu erhalten, wollen wir nicht nur den vielen Menschen, die sich im Post-Doc Stau an den Universitäten befinden, die Chancen einer FH-Professur aufzeigen und sie während der Jahre der Berufspraxis begleiten. Wir sollten auch Menschen aus der Praxis gewinnen, sich im Rahmen einer Promotion für den Beruf als FH-Professorin bzw. Professor zu qualifizieren“. Beide Hochschulverbünde stellen sich zugleich ausdrücklich hinter die Forderungen des Wissenschaftsrates und der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) an die Bundesländer und den Bund, dafür zusätzliche Mittel für die Personalentwicklung an Hochschulen für angewandte Wissenschaften bzw. Fachhochschulen bereitzustellen.
Analog zum bereits für die Universitäten beschlossenen Programm zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses sollten die Hochschulen für angewandte Wissenschaften bzw. Fachhochschulen bei der Gewinnung von Professorinnen und Professoren in der Größenordnung von 1 Mrd. Euro über 15 Jahre gefördert werden. Zaby kündigt für 2017 eine deutschlandweite Informationskampagne an‚ die sich direkt an Praktikerinnen und Praktiker in der Wirtschaft und in anderen Sektoren wendet, um sie für eine akademische Karriere als Professorin oder Professor an einer Hochschule für angewandte Wissenschaften / Fachhochschule zu gewinnen.