Positionspapier: Offenheit und Vielfalt der EU-Initiative „Europäische Hochschulen“ sicherstellen
Das Hochschulnetzwerk UAS7 begrüßt die 2018 gestartete EU-Initiative „Europäische Hochschulen“ zum Aufbau europaweiter Hochschulnetzwerke als eine wichtige Vision für Europa. Die UAS7-Mitgliedshochschulen übernehmen aktiv und bewusst Verantwortung für die Gesellschaft, in deren Auftrag sie tätig sind. Mit knapp 800 aktiven europäischen Partnerschaften, die jedes Jahr Tausende von Studierenden und Wissenschaftler*innen aus Europa allein im Programm ERASMUS+ zusammenbringen, arbeiten die UAS7-Hochschulen maßgeblich mit an der Schaffung eines gemeinsamen Bildungs- und Forschungsraumes.
In den beiden Pilotrunden der Initiative 2019 und 2020 wurden 41 europäische Hochschulnetzwerke mit insgesamt 280 beteiligten Hochschulen gefördert. Derzeit berät die Europäische Kommission über die Fortführung des Programms „Europäische Hochschulen“ und dessen finanzielle und zeitliche Nachhaltigkeit. Dabei wird, wie es in den aktuell dazu zirkulierenden Papieren heißt, der Fokus auf die bereits existierenden europäischen Hochschulallianzen gelegt und geplant, nur wenige neue Netzwerke fördern zu wollen - ein Entwurf spricht von lediglich acht.
Diese Absicht hält UAS7 für falsch. Die Verbundhochschulen sind der Auffassung, dass diese restriktive Beschränkung der Idee und dem Ziel einer verbesserten Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit des europäischen Hochschulsystems abträglich ist. Die zentrale Bedeutung, die den Hochschulen im europäischen Wissenschaftssystem zukommt, kann nur durch eine größtmögliche Offenheit gegenüber neuen Netzwerken gesichert werden. Angesichts der Herausforderungen, vor denen Europa steht, entfaltet nur eine breite, vielfältige Vernetzung und Zusammenarbeit über Länder- und Fachgebietsgrenzen hinweg die notwendige Dynamik, um die großen gesellschaftlichen Aufgaben zu bewältigen und dem Fachkräftemangel entgegen zu wirken. Es ist nicht zielführend, die Gruppe der während der Pilotphase geförderten Hochschulnetzwerke quasi zum “Closed Shop“ zu deklarieren und nur noch geringfügig zu erweitern. Dies wurde zum Beginn des Programms keineswegs so angekündigt.
Die in den ersten Ausschreibungsrunden zahlenmäßig unterrepräsentierten Hochschulen für Angewandte Wissenschaften (HAW) sollten im weiteren Verlauf der Förderung eine Chance bekommen. Mit bisher nur zwei geförderten deutschen HAW in den bestehenden Konsortien ist eine Hochschultypen-Offenheit derzeit nicht erreicht. Das Modell der HAW ist nicht nur eine wichtige Säule im deutschen Hochschulsystem und ein Exportschlager. HAW sind unverzichtbar für den europäischen Gedanken, als Brückenbauer zur Verbreitung der europäischen Idee und europäischer Werte. Die praxisorientierten Kompetenzen und die angewandte Forschung fördern den unmittelbaren Transfer in die Regionen Europas. Bundeswissenschaftsministerin Anja Karliczek betonte Anfang des Jahres, dass die Initiative „Europäische Hochschulen“ eindrucksvoll zeige, dass Europas Stärke in seiner Vielfalt liege.[1] Diese Vielfalt muss sich aber auch in der Entstehung einer europäischen Hochschullandschaft widerspiegeln. Das europäische Hochschulsystem muss neu gedacht und neu justiert werden. Dazu gehören als Impulsgeber auch die HAW, die angesichts ihrer Praxisorientierung in Studium, Forschung und Transfer und aufgrund der hohen Beschäftigungsfähigkeit ihrer Absolventinnen und Absolventen europaweit schon hohe Anerkennung genießen. Und dazu gehört, dass die Initiative ihr Bekenntnis zur Hochschuloffenheit auch wirklich lebt und die Ausschreibungsbedingungen so gestaltet, dass sich alle Hochschultypen angesprochen und repräsentiert sehen können.
UAS7 richtet daher den dringenden Appell an die Akteure in Bund und Ländern, die an den Beratungen zur EU-Initiative „Europäische Hochschulen“ mitwirken: Treten Sie der Entwicklung der geplanten Konzentration auf bestehende und der Öffnung für nur wenige neue Allianzen entgegen und sichern Sie eine innovationsorientierte Ausschreibung. Achten Sie darauf, dass die Offenheit gegenüber den HAW gewahrt ist und sich die Vielfalt der Hochschultypen auch im Netzwerk „Europäische Hochschulen“ widerspiegelt.