Flexibles Studiensemester statt „Null-Semester“
Hochschulverbund Universities of Applied Sciences UAS7 fordert Berücksichtigung der Perspektive der Hochschulen für Angewandte Wissenschaften
Seit einigen Tagen läuft eine Debatte, das kommende Sommersemester zu einem „Null oder Nicht-Semester“ zu machen. Bislang waren fast ausschließlich Stimmen aus Universitäten zu hören und es wurde versäumt, die Perspektive der Hochschulen für Angewandte Wissenschaften/Fachhochschulen angemessen zu berücksichtigen. Dabei sehen sich HAWs/FHs vor allem durch die starke Praxisorientierung in Studium und Lehre teilweise völlig anderen Anforderungen gegenüber, als die Universitäten. Der Hochschulverbund UAS7 erteilt einem solchen „Null-Semester“ eine Absage. Stattdessen soll alles getan werden, den Studierenden ein erfolgreiches Studiensemester zu ermöglichen.
Das Sommersemester soll ein Semester sein, bei dem die Studierenden vor allem durch den kreativen Einsatz von Online-Lehre weiterhin die notwendigen Leistungsnachweise erbringen können, das aber nicht bei der Regelstudienzeit zählt oder zu Nachteilen beim BAföG führt. Der Vorsitzende von UAS7, Präsident der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin, Prof. Dr. Andreas Zaby, stellt fest: „UAS7- Hochschulen werden alles Notwendige tun, damit die Studierenden ihr Studium ohne Zeitverlust absolvieren können. Das wird zum großen Teil sehr kreativ und online geschehen müssen. Die Hochschulen verfügen über die notwendigen technischen und fachlichen Kompetenzen. Individuelle Härtefälle für einzelne Studierende müssen wir abfedern.“ Einzelne Lehrinhalte, die in dieser Form nicht oder nur teilweise vermittelt werden können, müssen in spätere Semester verschoben werden können. Zudem ist Kulanz bei prüfungsrechtlichen Fragen zu üben.
Den Hochschulen im Verbund der UAS7 ist bewusst, dass es einen regulären akademischen Lehrbetrieb in der aktuellen durch die Coronavirus-Pandemie bedingten Situation nicht geben kann. Die derzeitigen Herausforderungen schaffen für alle Akteure im Wissenschaftsbetrieb Bedingungen, die man so zuvor noch nicht erlebt hat. In dieser Situation arbeiten alle, von der Verwaltung, der IT bis hin zu den Lehrenden, intensiv an der Bereitstellung von Formaten digitaler Lehre und an kreativen Formen der dezentralen Kommunikation.
Eines der Wesensmerkmale derHAWs/FHs besteht in der Anwendungsorientierung des Studiums und der Qualifizierung der Studierenden im praktischen Bereich, insbesondere durch Praxisphasen, Praxissemester und Laborpraktika. Hier sind die Länder und die Hochschulen gefordert, kluge Lösungen zu ermöglichen, wie eine Verlängerung des Studiums für betroffene Studierende möglichst vermieden werden kann. Ein „Null-Semester“ würde erhebliche Abstimmungsprobleme und Zeitverluste für diese Studierenden bedeuten, denn die Praxiselemente erfordern eine enge zeitliche und auch inhaltliche Abstimmung mit Partnern aus der Wirtschaft und anderen gesellschaftlichen Bereichen. Gerade für das erfolgreiche Modell des Dualen Studiums, dessen wesentlicher Träger die HAWs/FHs sind, wäre ein „Null-Semester“ mit gravierenden Einschränkungen und Nachteilen für die Studierenden verbunden.
Die HAWs/FHs qualifizieren u.a. Studierende, die gerade jetzt dringend gebraucht werden, in Pflege, Gesundheit und Biotechnologie sowie in der Verwaltung. In diesen Bereichen wären Studienzeitverlängerungen durch ein „Null-Semester“ besonders kontraproduktiv.
UAS7 fordert daher für das laufende Sommersemester 2020, den Hochschulen die Freiheitsgrade zu geben, Lehre, Forschung und Praktika so hochschulindividuell wie möglich zu gestalten. Dabei soll die Online-Lehre in besonderem Maße nutzbar gemacht werden. Die Rückmeldungen aus den Hochschulen hinsichtlich Virtualisierung von Lehre und auch Prüfungen stimmen uns dabei optimistisch. Eine finanzielle Unterstützung beim technischen und personellen Ausbau der digitalen Infrastrukturen und der noch viel zu knappen Kapazitäten ist jedoch notwendig.